Der Stühlinger
Der zentrumsnahe Freiburger Stadtteil Stühlinger ist mit etwa 16.000 Einwohnern einer der bevölkerungsreichsten und am dichtesten bebauten Stadtteile Freiburgs mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Studenten und Ein-Personen-Haushalten (aber relativ wenigen Kindern und Senioren). Die Bevölkerungsdichte ist ungefähr doppelt so hoch wie in der Gesamtstadt. Er gilt heute als junger, lebendiger und beliebter urbaner Stadtteil. Er ist begrenzt von den drei Bahnlinien: Bundesbahn (mit Hauptbahnhof), Breisacher Bahn und Güterbahn und im Süden durch die Dreisam.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts – nach dem Bau der Eisenbahnstrecke 1845 – entstand hinter dem Bahnhof zunächst eine Blockrandbebauung bis zur Eschholzstraße und insbesondere seit dem 2. Weltkrieg wurde der Stadtteil nach Westen erweitert. In den nächsten Jahren wird ein weiterer Schub erfolgen mit dem Bau von 1.000 Wohnungen im Gebiet Kleineschholz und der Erweiterung und Neubebauung des Bereichs Metzgergrün. Im Metzgergrün werden statt 250 Wohnungen dann 550 Wohneinheiten entstehen. Im Neubaugebiet Kleineschholz sollen in den nächsten Jahren ca. 550 und auf dem Areal der Uniklinik Freiburg bis zu 1.000 neue Wohnung entstehen. Die bisher vorhandenen Kleingärten wurden dafür abgeräumt. Mehr Einwohnende bedeuten auch weniger Freiräume und Konflikte durch (Über-)Nutzung von Kirchplatz und Eschholzpark, den letzten verbliebenen großen Grünflächen im Stadtteil.


Ein Wahrzeichen für den Stühlinger – benannt nach den „Herren von Stühlinger“ (Klettgau) – stellt die katholische Herz-Jesu-Kirche dar, die dank einer großzügigen Spende durch die Stifterin Amalie Gramm im Jahre 1896 fertiggestellt wurde (im Stil des Limburger Doms). Sie wird heute auch für große Konzerte benutzt und erscheint mit den beiden markanten Türmen auf unzähligen Fotos, häufig im Hintergrund der „Blauen Brücke“ (heute offiziell Wiwili-Brücke) und des Stühlinger Kirchplatzes. Letzterer ist ebenfalls identitätsstiftend für viele Stühlinger Bürger, die den Platz in ihrer Freizeit, zum Einkaufen auf dem Bauernmarkt und für viele Veranstaltungen (z. B. „Nostalgische Messe“) gerne nutzen. Allerdings ist der Kirchplatz in letzter Zeit auch häufig als „Kriminalitätshotspot“ im Gespräch, weshalb er durch verschiedene gestalterische Maßnahmen in nächster Zeit weiter aufgewertet und verschönert wird.
Die Beliebtheit des Stühlingers wird oft neben der bunten Bevölkerungsstruktur mit der guten Anbindung an den öffentlichen Verkehr und den kurzen Wegen zwischen Wohnen und Arbeiten begründet. Maßgebend dafür sind auch viele Geschäfte, Büros, Restaurants, Kneipen und Handwerksbetriebe (z. B. im „Gewerbehof“), die das Flair des Stühlingers mitbestimmen. Das als Kulturzentrum umgewidmete ursprüngliche E-Werk gilt heute als Heimat der Freiburger Kultur- und Kleinkunstszene und spricht Besucher aus einem weiten Einzugsgebiet an.
Wichtig für die Entwicklung des Stühlingers war nach 1870 die Ansiedlung vieler bedeutender Industriebetriebe. Daran erinnern heute u. A. der erhalten gebliebene Mälzereiturm der ehemaligen Löwenbrauerei (seit 1888) und der Lederlebrunnen der früheren Firma Lederle Pumpen. Zu erwähnen sind auch die seit 1872 im Stühlinger beheimatete, ehemals weltweit marktführende Automatik-Orgel- und Klavier-Fabrik M. Welte & Söhne, Lehenerstraße, die 1944 durch den Bombenangriff völlig zerstört wurde, und im südlichen Alt-Stühlinger die ebenfalls1872 gegründete, international bekannte Bau- und Betonfabrik Brenzinger & Cie.


Der Wegzug oder die Schließung früherer Betriebe ermöglichte vielfach den Bau zusätzlicher Wohnungen und an Stelle von Industriebetrieben sind heute große überörtliche öffentliche Einrichtungen im westlichen Teil des Stühlingers von Bedeutung: So. z. B. der vielfältige Komplex der Universitätskliniken (größter Freiburger Arbeitgeber), die Agentur für Arbeit sowie verschiedenste Schulen und das Berufsschulzentrum hinter dem großen Eschholzpark (mit „Gartenschlauch“-Skulptur von Claes Oldenburg).
Dazu kam 2017 ein weiteres Stadtteil-Wahrzeichen mit dem neuen, architektonisch markanten, zentralen „Rathaus im Stühlinger“ an der Fehrenbachallee, mit einem ersten großen Ovalbau, weltweit das erste öffentliche „Netto-Plusenergiegebäude“. Inzwischen wird ein zweiter Rundbau als „Familienrathaus“ errichtet, in das weitere städtische Ämter ab 2027 umziehen werden.
Auch mit diesem Projekt rückte der Stadtteil Stühlinger stärker in den Fokus und gefühlt auch näher an das Zentrum der Stadt.
